Wie ich wurde, was ich bin. Was mich antreibt und ein bisschen "behind the scenes".
Mein Name ist Eva Karoline Weber (ja, Karoline ist mein zweiter Name ;-) meine Urgroßmutter, die mein Papa sehr gemocht hat, hieß so). Ich bin am 31. Mai 1977 im Allgäu als älteste in einem Drei-Mäderl-Haus geboren und dort aufgewachsen. Im wahrsten Sinne des Wortes wird mein Leben vom ersten Tag von Politik geprägt: Meine Eltern haben sich Mitte der 70er Jahre in der Jungen Union kennengelernt und während meine Mutter im Krankenhaus war und mich auf die Welt brachte, wurde mein Vater für das Landtagsmandat nominiert. Dieses Mandat hat er dreißig Jahre lang ausgeübt und ausgefüllt, zwischenzeitlich war er von Herbst 1987 bis Herbst 1998 Staatssekretär, zunächst im Wirtschafts-, dann im Finanzministerium. Für mich ist er ein Vorbild in Sachen Fleiß und Beharrlichkeit, denn mit Volksschulabschuss, Banklehre und Betriebswirtschaftsausbildung an der VWA in Kempten war das sicher kein vorgezeichneter Lebensweg.
Mein Heimatdorf ist Burgberg im Allgäu, am Fuße des Grünten, der Wächter des Allgäus und der in meinem Leben noch eine wichtige Bedeutung haben soll. Was ich als Kind besonders toll fand, war, dass um mich rum die gesamte Familie versammelt war: Meine Großeltern mütterlicherseits wohnten bei uns im Haus und waren ein ganz fester Anker für uns Mädchen. Und direkt nebenan wohnten meine anderen Großeltern, auf dem Bauernhof, auf dem mein Vater aufgewachsen ist, den sein Bruder übernommen hat und der heute noch im Haupterwerb von meinem Cousin betrieben wird. In Burgberg bin ich in den Kindergarten gegangen (eine Gruppe vormittags, eine Gruppe nachmittags, die beide in der Aula der Grundschule betrieben wurden), bevor ich im September 1983 eingeschult worden bin. Während meiner Grundschulzeit hatte ich Ballettunterricht. Aber meine große Leidenschaft gehörte der Musik. Mein Großvater mütterlicherseits war Musiklehrer, Dirigent verschiedener Blaskapellen und in den ersten Jahren mein Klavier- und Klarinettenlehrer. Das Klavier, auf dem ich spielen gelernt habe, hat mein Opi in den 50er Jahren erworben. Ich habe es geerbt und bis letztes Frühjahr stand es in meinem Wohnzimmer. Leider ist das Klavier über die Jahre nicht besser geworden, so dass ich mich schweren Herzens dazu entschieden habe, mir ein neues zu kaufen. Das Erbstück aber, das habe ich der Aktion „Play me I’m yours“ zur Verfügung gestellt, es hat im September den Holbeinplatz mit Klavierklängen versorgt und wurde jetzt für einen guten Zweck versteigert. Und die Klarinette hat mich zur Jugendblaskapelle nach Sonthofen geführt. Dort habe ich fast 10 Jahre lang gespielt. Highlight jeden Jahres waren dabei die gemeinsamen Reisen, von der uns eine sogar nach Kanada geführt hat. Ich war damals 15 und total überwältigt von den vielen Eindrücken (und enttäuscht, dass die Niagarafälle mitnichten mitten in der Natur sind, sondern außen drumrum Hotels, Restaurants und Vergnügungsstätten stehen).
Nach der vierten Klasse bin ich auf das Gymnasium in Sonthofen gewechselt. Und ja, in der neunten Klasse habe ich einen blauen Brief mit nach Hause gebracht, weil Mathe und Physik damals so gar nicht meine Fälle waren. Das Abi habe ich 1996 dann trotzdem geschafft – mit Mathe als viertem Abiturfach und einer eins. Meine Eltern haben sehr viel Wert darauf gelegt, dass wir Mädchen neben der Schule jobben gehen. Und so habe ich in Hotels im Service mitgearbeitet (und kann bis heute mehrere Teller auf einmal tragen), auf dem Wochenmarkt Obst und Gemüse verkauft und jahrelang beim örtlichen Supermarkt jeden Donnerstagabend Regale eingeräumt und am Wochenende die Bestellungen für mein Betreuungsregal gemacht. Dort habe ich Frauen kennengelernt, die damals so alt waren wie ich heute und die diesen Job deswegen gemacht haben, damit die Familie wenigstens ein Mal im Jahr in den Urlaub fahren kann. Da wird man ziemlich demütig, wenn man erkennt, wie gut man es hat, denn meinen Verdienst konnte ich komplett für mich „auf den Kopf hauen“.
Was mich in der gesamten Oberstufe umgetrieben hat war die Frage: Was will ich mal beruflich machen. Mit der Schule waren wir bei der Berufsberatung beim Arbeitsamt und schon damals konnte man an Computern seine Stärken und Schwächen eingeben und das System spuckte Berufsvorschläge aus. Der favorisierte Beruf des Systems für mich: Offizierin bei der Bundeswehr. Ah ja. Zum Glück wurde als zweiter Vorschlag „Jurastudium“ aufgeführt, so dass mein Weg vorgezeichnet war. Nach dem Abitur und einem sehr lustigen und aufschlussreichen Praktikum bei Radio RSA in Kempten fing ich also im November 1996 mit meinem Jurastudium an der Uni in Augsburg an. Ich hatte Glück und bekam einen Wohnheimsplatz im Haus-Edith-Stein im Univiertel. Dort wohnte ich zwei Jahre lang in einer wunderbaren WG und aus dieser Zeit kommen meine besten, innigsten, tiefsten Freundschaften, die in Trauzeugenjobs und Patentanteseindürfen für zwei wunderbare Kinder (wobei, der eine ist schon Teenager) gemündet sind. Ich habe die Zeit unwahrscheinlich genossen: Das erste Mal von daheim weg, das erste Mal ganz allein für mich verantwortlich. Und das habe ich so genossen, dass ich das Studieren darüber vergessen habe und eine Erfahrung machen musste, die neu für mich war: Ich habe Prüfungen nicht bestanden.
Im Herbst 1998 musste ich schweren Herzens Augsburg den Rücken kehren und an die Universität nach Bayreuth wechseln. Dort war dann nix mehr mit Wohnheim, sondern ich hatte eine kleine, 22qm große Wohnung (inklusive Balkon) und keine Ablenkung. Das war am Anfang echt eine harte Zeit, da sich die Cliquen in Bayreuth ja schon lange gefunden hatten und ich die ersten Monate ziemlich alleine dastand.
Aber schlussendlich glaube ich ja, dass das alles nur deswegen so sein musste, weil ich in Bayreuth meinen Mann Florian kennengelernt habe. Seit Oktober 2000 gehen wir gemeinsam durch’s Leben – und haben zwei Staatsexamina in Bayreuth, das Referendariat in Nürnberg, zwei weitere Staatsexamina und die Suche nach zwei Jobs überstanden. Mitte der 2000er war das nämlich gar nicht so einfach. Die New-Economy-Blase war gerade geplatzt, die Hartz-Gesetzgebung wurde eingeführt und Juristen waren nicht gerade gefragte Leute. Aber nach einem Jahr beim Sparkassenverband in München bekam ich einen Job bei der Industrie- und Handelskammer Schwaben und unser Weg hat uns (bzw. mich zurück) nach Augsburg geführt. Zwischenzeitlich waren wir schon verheiratet, nachdem mein Mann, der für Berge und wandern nicht ganz so viel übrig hat, mir ausgerechnet auf dem Grünten (siehe oben) einen Heiratsantrag gemacht hat und wir mit der gesamten Familie und allen Freunden im September 2004 Hochzeit im Allgäu gefeiert haben.
Bei der IHK war ich zunächst in der Rechtsabteilung zuständig für die Beratung von Unternehmen, bevor ich in die Verwaltung gewechselt bin und für interne Rechtsangelegenheiten der Kammer und die Beteiligungen zuständig war. Es war eine spannende Zeit, ein guter Einstieg in das Arbeitsleben, vielfältig und abwechslungsreich. Und trotzdem wusste ich immer, dass auch irgendwann ein Wechsel stattfinden muss. Als dann im Herbst 2008 eine Stelle im Wirtschaftsreferat der Stadt für eine/n Jurist/in ausgeschrieben war und sich das so ein bisschen als „rechte Hand vom Referenten“ gelesen hat, war ich angefixt. Und habe die Stelle bekommen. Nah dran, aber schön in der zweiten Reihe, so wie ich es mir damals gewünscht habe. Dass ich nach nur einem Jahr die kommissarische Leitung des Referats wegen Krankheit meines Chefs übernehmen und zwei Jahre nach meinem Einstieg bei der Stadt vom Stadtrat als Wirtschaftsreferentin gewählt werde, das konnte ich damals nicht ahnen. Denn wenn ich von etwas überzeugt war, dann davon, dass ich nie (!) in die Politik gehen werde. Zu sehr war ich von dem geprägt, was ich als Kind und Jugendliche mit einem Landtagsabgeordneten als Vater erlebt habe: Jedes Wochenende irgendwo unterwegs, nie da, wenn Abschlussbälle oder Schulkonzerte stattfanden, sogar zu meiner Abiturfeier kam er zu spät und musste früher weg. Ganz zu schweigen von dem, dass ein Vater mit so einem Beruf einfach nicht alltäglich ist und Lehrer oder Mitschüler manchmal ein merkwürdiges Verhalten an den Tag legten. Der Beginn meines Studiums in Augsburg war damals ein Befreiungsschlag für mich, denn niemand wusste, aus welchem Stall ich komme. Da war ich das erste Mal in meinem Leben einfach nur Eva aus dem vierten Stock, die Jura studiert und aus Burgberg kommt.
Ich war eigentlich immer schon politisch. Schon in der Grundschule konnte ich die Mitglieder der Bayerischen Staatsregierung aufsagen und bin in Kindes- und Jugendalter Ministerpräsidenten, Ministern und Staatssekretären begegnet. Und das war normal für mich. Deswegen war es für mich auch logisch, dass ich kurz nach dem Abitur in die Junge Union eingetreten bin. Ich war stellvertretende Kreisvorsitzende, habe mich im Bezirksverband engagiert und aus dieser Zeit kenne ich beispielsweise den Landrat und Bezirkstagspräsidenten Martin Sailer. Und der heutige Ministerpräsident Markus Söder war damals JU-Landesvorsitzender.
Die Frage von OB Kurt Gribl, ob ich Wirtschaftsreferentin der Stadt Augsburg werden möchte, war schließlich der Einstieg in mein politisches (Berufs)Leben. Mit 33 Jahren so eine Chance zu bekommen, das konnte ich mir nicht entgehen lassen und am 11. April 2011 hat der Stadtrat mir dieses Amt anvertraut. Als dann im Vorfeld der Kommunalwahl 2014 die Frage auftauchte, ob ich mir vorstellen könnte, für den Stadtrat zu kandidieren, war diese sehr schnell beantwortet. Dass die Augsburgerinnen und Augsburger mir nach dem OB auf der CSU-Liste die zweitmeisten und stadtweit die drittmeisten Stimmen gegeben haben – das hat mich im März 2014 einfach nur sprachlos gemacht. Als Folge dieses phänomenalen Wahlergebnisses wurde ich am 2. Mai 2014 mit 36 Jahren als zweite Bürgermeisterin und Wirtschafts- und Finanzreferentin vom Stadtrat gewählt.
Mein gesamtes Leben ist ein sehr politisches Leben. Und vielleicht gibt es ja auch sowas wie eine vererbte Begabung, so einen Beruf zu wählen. Wobei ich bei Diskussionen mit meinen Eltern feststelle, dass Politik heute verglichen mit vor 15 oder 20 Jahren – auch wenn man von der gleichen Partei spricht – eine ganz andere Nummer ist. Geblieben ist mein Antrieb, dass ich selbst was tun muss, wenn ich möchte, dass sich etwas verändert. Und meine tiefe Überzeugung, dass unsere demokratische, freiheitliche Grundordnung Menschen braucht, die sich für sie einsetzen. Denn ich beobachte, dass es heute als so selbstverständlich hingenommen wird, in welchem Staat mit welchen Rechten und welchen Möglichkeiten wir leben. Ich gehöre noch der Generation an, die von Zeitzeugen Geschichten über das Dritte Reich und den Zweiten Weltkrieg gehört hat. Unser Friede und unsere Freiheit sind mitnichten selbstverständlich, sondern wir müssen sie jeden Tag auf’s Neue leben, erleben, ausleben und verteidigen. Das ist auch der Grund, warum ich gerne Oberbürgermeisterin für Augsburg werden möchte. Weil ich diese meine Wahlheimatstadt liebe, sie mein Zuhause ist, dass ich für die Menschen hier weiter arbeiten möchte. Weil ich möchte, dass uns der Wandel gelingt, der nicht nur die Wirtschaftswelt, sondern das komplette gesellschaftliche Leben in unserer Stadt verändern wird. Und weil ich möchte, dass Augsburg für alle eine Stadt der Chancen ist.
Am 8. August feiern wir in Augsburg unseren besonderen Stadtfeiertag, das Friedensfest. Just auf dieses Datum fiel 2020 aber auch das Ende meiner ersten 100 Tage im Amt der Oberbürgermeisterin. Ich finde das mit den 100 Tagen ja schon immer ein bisschen merkwürdig - kein besonders relevanter Zeitraum bei sechs Jahren Amtszeit. Und von „Welpenschutz“ habe ich auch nichts gemerkt. Seit Tag 1 regiert Corona mit. Es gibt dafür keine Blaupause und keinen Plan in der Schublade. Viele Ideen und Vorstellungen, die ich im Wahlkampf entwickelt habe und die im Zukunftsplan von CSU Augsburg und Grüne Augsburg Niederschlag gefunden haben, sind derzeit nicht umsetzbar. Andererseits können Themen wie Klimaschutz, Schulsanierungen, veränderte Mobilität oder die Stärkung des Wirtschaftsstandorts nicht verschoben werden. Herausfordernde Zeiten. Aber auch Zeiten, die Neues möglich machen. Die Öffnung der Freilichtbühne für weitere Konzerte gehört zum Beispiel dazu. Oder die Sperrung der Maxstrasse an Freitag- und Samstagabenden.
Das Foto ist anlässlich der Bekanntgabe der Friedenspreisträger im Goldenen Saal entstanden und zeigt, unter welch‘ merk-würdigen Rahmenbedingungen ich das Amt der Oberbürgermeisterin ausüben darf. Mein Fazit? Viel Freude, viel Demut, viel Dankbarkeit, viel Kopfzerbrechen und wache Nächte. Aber keine Sekunde habe ich es bereut, in diesem Amt zu sein.